Zu Gast bei Gerhart Hauptmann

13.01.2017

Am 20. Dezember 2016 unternahmen zwei Deutschkurse der zwölften Klassen eine Exkursion nach Erkner. Dort befindet sich, zentral gelegen, das Gerhart-Hauptmann-Museum, eine alte Villa, in der seit dem Jahr 1987 eine Ausstellung über diesen bedeutenden Schriftsteller des Naturalismus öffentlich zugänglich ist.

Das Gebäude und der umliegende Garten wirkten bei unserer Ankunft sehr gepflegt. Beim Betreten der Villa fiel sofort der glänzende Holzfußboden ins Auge. Er ließ die Räume alt, aber auch hochwertig erscheinen. Zunächst durften wir im ersten Raum Platz nehmen, unsere Jacken und Taschen ablegen und sollten dann auf unseren Museumsführer warten. Dieser verspätete sich und uns wurde zum Überbrücken der Zeit ein Film über das Leben und Werk von Gerhart Hauptmann gezeigt. Die einzelnen Filmsequenzen waren sehr aufschlussreich und boten einen guten Überblick über die Biografie des Schriftstellers. Anschließend erschien der Leiter des Museums und erzählte uns im Grunde fast genau dasselbe, was im Film schon ausführlich erklärt wurde. Viele Informationen haben sich dabei gedoppelt und man erfuhr nur wenig Neues. Im Anschluss an seinen Vortrag durften wir das kleine Museum selbst erkunden. Es besteht zunächst aus zwei Räumen, einem großen und einem kleinen Seitenraum. Beide haben rote Wände und sind mit vielerlei Materialien ausgestattet. Es gibt viele Vitrinen, gefüllt mit schriftlichen Zeugnissen: Lebensdokumente, Briefe und Tagebucheinträge. Hinzu kommen zahlreiche Zeitdokumente, wie ein Anzug für sehr festliche Anlässe, Bilder, Zeitungsausschnitte und Bücher, zu denen Hauptmann eine Verbindung besaß, unter anderem wertvolle Erstausgaben. Über eine kleine Treppe gelangt man zu drei weiteren Räumen, welche mit Originalmöbeln aus Gerhart Hauptmanns Besitz ausgestattet sind. Von Teppichen, Tischen über Wandbilder bis zu den Büchern im aufwändig gestalteten Schrank war alles vorhanden. Es war, als befände man sich wirklich in seinen privaten Gemächern. Nach ungefähr zwei Stunden war unser Besuch beendet.

Mir persönlich hat der Besuch des Museums gefallen. Ich mochte die Selbsterkundungstour, bei der sich jeder wirklich mit dem befassen konnte, was ihn am meisten interessierte. Am spannendsten empfand ich jedoch die Besichtigung der nachgestellten Wohnräume. Gerade dort konnte man eine bessere Verbindung zu der damaligen Zeit und Hauptmanns Lebensweise herstellen. Nicht so gut fand ich den Vortrag im Anschluss des Films. Die Präsentation könnte etwas kürzer zur allgemeinen Biografie, aber umfassender in spannenden Zusatzinformationen sein. Die Doppelungen sollten unterbunden werden und beispielsweise durch Zitate aus Tagebucheinträgen und Briefen oder durch Ausschnitte aus seinen Werken ersetzt werden. Die Aufmachung der Ausstellung insgesamt war aber ansprechend.

Über die Persönlichkeit von Gerhart Hauptmann denke ich nun im Nachhinein etwas anders. Vor dem Museumsbesuch hatte ich von ihm das Bild eines netten, zurückhaltenden und liebenswürdigen Menschen. Nachdem uns jedoch erzählt wurde, wie häufig er seine Frauen gewechselt hat, wie er über Tod und Krieg in seinem Gedicht „Komm, lass uns sterben gehen“ schrieb, aber auch durch sein Bekenntnis zum Nationalsozialismus und die damit verbundene Entscheidung gegen seine jüdischen Freunde ist dieses Bild etwas negativer geworden. Es wirkte auf mich schon fast so, als ob ihm die Bedeutung der Situation damals gar nicht wirklich bewusst war und er auch seinen Kindern gegenüber eigenartig anmutende väterliche Gefühle hegte. Bei der Einberufung seines Sohnes Ivo in den Ersten Weltkrieg verfasste er nämlich folgende Zeilen: „Diesen Leib, den halt ich hin / Flintenkugeln und Granaten: / eh ich nicht durchlöchert bin / kann der Feldzug nicht geraten.“

Zwar besaß Gerhart Hauptmann eine viel diskutierte Persönlichkeit, jedoch brachte er als Schriftsteller sehr einflussreiche Werke heraus. Und vielleicht hat man gerade zu ihm eine andere Beziehung, weil ein solch berühmter Autor nur eine halbe Stunde entfernt von unserem Zuhause wohnte und wir uns in der „Villa Lassen“ aufhielten, in welcher Hauptmann vier Jahre lang selbst residierte (1885-1889).

Charleen Bredow, Jahrgang 12

 

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